Eine der wesentlichen Fragen bei der Standortsuche ist, wie begrenzt man die grundsätzlich sehr große Zahl potentieller Standortalternativen eines Standortsuchraumes auf eine kleine Zahl zu untersuchender Alternativen. ...
Untersucht man grundsätzlich nur wenige alternative Standorte, setzt man voraus, daß sämtliche anderen Standorte, die nicht untersucht werden, als Standort nicht in Frage kommen, weil sie keine besseren Voraussetzungen bieten. Dies setzt allerdings wiederum die Kenntnis der Daten der nicht in Frage kommenden Standorte voraus. Diese Transparenz ist jedoch in der Regel nicht gegeben.
Nur bei wenigen Standortentscheidungen wird sich die Anzahl der potentiellen Standorte auf ca. 10 Standorte reduzieren lassen. Dies mag der Fall sein z.B. bei der Investitionsentscheidung für ein Büroobjekt mit einem Investitionsvolumen von vielleicht € 100,- Millionen. Bei den meisten Standortentscheidungen wird die Reduktion auf von vornherein eine sehr kleine Anzahl in Frage kommender Standortalternativen nicht möglich sein.
In der Praxis wird diese Reduktion jedoch häufig vorgenommen. Wahrscheinlich erfolgt dies häufig aus der Unsicherheit der Frage gegenüber, wie reduzieren wir die große Zahl potentieller Standorte auf eine so geringe Zahl, daß wir sie genauer analysieren können. Legt man beispielsweise die Zahl der Gemeinden in Deutschland zugrunde und entscheidet, daß grundsätzlich jede Gemeinde in Deutschland als Standort in Frage kommt, müssen ca. 12.000 Standorte analysiert werden. Legt man die Zahl der Regionen in der EU zugrunde, müssen ca. 1.400 Regionen untersucht werden. Auch wenn man diese hohen Zahlen durch Einschränkung des Analyseraums oder z.B. durch Nebenbedingungen wie Mindest-Einwohnerzahl der Stadt reduziert, bleibt noch immer eine große Zahl potentieller Standorte.
Größte Relevanz bei der Standortsuche und bei der Auswahl der Methoden der Standortsuche hat auch die Anpassung der Suche an die Ziele des Unternehmens. Dahinter steht der Gedanke, daß jedes Unternehmen andere Anforderungen an einen geeigneten Standort stellt. Diese unternehmensspezifischen Anforderungen sind abhängig vom Zielsystem des Unternehmens. Bei der Standortsuche müssen alle Teilbereiche des Unternehmens auch unternehmensspezifisch erfaßt werden; es müssen die Fragen „ Was produziert oder verkauft das Unternehmen", „Womit werden diese Güter produziert" und „An wen werden diese Güter verkauft" in die Standortüberlegungen einbezogen werden. Die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens bei Beschaffung, Produktion und Absatz müssen auch individuell berücksichtigt werden. Dieser Ansatz wird heute noch vielfach vernachlässigt, sogar in Bereichen, bei denen diese Bedürfnisse offensichtlich sind. Dies geschieht nicht aus Inkompetenz der mit der Standortsuche betrauten Mitarbeiter, sondern aus der Problematik der Fragen „Wie beschafft man Informationen über die unternehmensspezifischen Anforderungen" und „Wie kann man diese Informationsflut verarbeiten".
Es werden teilweise sehr intensiv und aufwendig Mikrostandorte untersucht ohne ausreichende Prüfung, ob die Makrostandorte überhaupt geeignet sind. Dies erfolgt, weil die intensive Untersuchung weniger Standorte möglich ist, die simultane Analyse an Hand individueller Anforderungen vieler Standorte jedoch schwieriger erscheint. Es wird damit der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Was nützt es dem Unternehmen, wenn es erkennt, daß die Mikrolage in der Stadt hervorragend ist, die Stadt an sich jedoch grundsätzlich nicht die richtigen Voraussetzungen aufweist.
Thesen:
- Unter zunehmendem Wettbewerbsdruck auf europäischer Ebene wird die Standortfrage und damit die Suche nach dem richtigen Standort zur Überlebensfrage für das Unternehmen.
- Es gibt keine schlechten Standorte, nur Standorte, die nicht für jedes Unternehmen geeignet sind.
- Jeder Standort weist ganz spezifische Bedingungen auf, die geprägt sind von z.B. klimatischen, geographischen, sozio-ökonomischen oder politischen Bedingungen.
- Jedes Unternehmen stellt ganz spezifische Anforderungen an einen Standort, die abhängen u.a. von dem Produkt, Beschaffungs- und Absatzmärkten oder dem Investitionsmotiv.
Die Standortsuche eines Unternehmens ist nichts anderes als der bestmögliche Abgleich der Unternehmensanforderungen mit den Standortbedingungen. Dieser eigentlich ganz simple Prozeß wird lediglich erschwert durch die große Zahl der potentiellen Standorte, die Vielzahl und große Bandbreite der Standortbedingungen und die Vielfalt und besonderen Ausprägungsbedürfnisse der Standortanforderungen.
Um die spezifischen Anforderungen eines Unternehmens an einen Standort abdecken zu können, müssen diese Anforderungen soweit wie möglich spezifiziert werden. Wenn weiterhin Fakten, also Daten anstatt Einschätzungen in die Standortsuche einfließen sollen, erfordert dies eine Vielzahl von Standortfaktoren und Variablen, für die Marktforschungsdaten erfaßt werden müssen.
Aus den bisher beschriebenen Anforderungen an ein Standortsuchverfahren ergeben sich folgende Schlußfolgerungen für die Makro-Standortanalyse:
Es ist eine Analyse gefordert, die ...
- simultan sämtliche potentiellen Standorte überprüft
- die Prüfung an Hand von Fakten, Marktforschungsdaten, vornimmt
- die spezifischen Unternehmensanforderungen durch eine Vielzahl von möglichen Standortfaktoren bzw. Standortvariablen berücksichtigt.
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